Dieses Foto zeigt Jamie gestern, am 22.03. morgens, bei uns im Garten. Er schaut mich an und in seinen Augen sehe ich, dass es ihm schlecht geht. Er schaut nur. Er zeigt ansonsten keinen Schmerz, fiept nicht. Schläft nur viel. Seit vorgestern weiß ich, dass Jamie unter einem schlimmen Leishmaniose-Schub leidet, seine Nierenwerte katastrophal sind und er eine Blutarmut hat.
Aufgrund eines Harnsteines, der Jamie im Herbst aus der Harnröhre entfernt werden musste, hatte ich (mit Absprache von Fachleuten) beschlossen, das Medikament, welches er gegen die Leishmaniose bekommt, ganz niedrig zu dosieren. Es ist ein Teufelskreis: Hoch dosierte Medikamente helfen gegen die Leishmanien, schädigen aber die Niere, niedrig dosierte Medikamente helfen weniger gut gegen die Leishmanien, die dann ihrerseits die Niere schädigen. Für mich war in meinen Überlegungen bezüglich der Vorgehensweise immer Jamies Lebensqualität der oberste Richtwert. Diesen leite ich nicht nur aus tausendundeins Blutwerten ab, sondern diesen kann ich hautpsächlich spüren und sehen.
Jamies Lebensqualität war seit 4 Tagen gesunken. Er lief langsam, er fraß weniger, er zitterte, er hatte helle Schleimhäute - ich ging zum Tierarzt und ließ ein großes Blutbild machen, dessen Ergebnis am Dienstag abend dazu führte, dass ich mich zum ersten Mal von meinem Tierarzt allein gelassen fühlte. Ich sollte entscheiden, ob Jamie nochmal ab Montag ein sehr hoch dosiertes Medikament gegen die Leishmanien bekommen, oder ob ich einfach nur das andere Medikament erhöhen sollte. Punkt. Mehr konnte ich nicht tun??????
Und da lag mein Jamie in seinem Körbchen und ich fühlte, dass es ihm so schlecht geht, dass ich nicht einfach zuwarten konnte, ob er diesen Schub überleben würde oder nicht. Mein Gefühl war, dass er jetzt akut Hilfe brauchte. Ich fragte wieder meinen Tierarzt. Die Antwort lautete: Niereninfusion und Bluttransfusion. Warum hat er mir das nicht gleich vorgeschlagen? Niereninfusion könnte ich zu Hause machen, aber erst am Folgetag um 17.00 Uhr hätte seine Praxis wieder geöffnet. Bluttransfusion müsste ich in der Tierklinik in Berlin machen lassen. Jamie in der Tierklinik in Berlin - gegen diese Vorstellung sträubte sich alles in mir, hatte ich doch so meine Erfahrungen mit Gustav dort machen dürfen.
Ich beschloss, mit einem Menschen zu sprechen, der für mich das Herz auf dem rechten Fleck hat und dazu Fachkenntnisse: Marianne. Nun, ich erreichte sie nicht, aber dafür Holger Bunyan, der mir durch seine ruhige Art und seine Kompetenz wirklich sehr half und meine Gefühle bestätigte. Also suchte ich nach einer Klinik, die mir helfen konnte und erinnerte mich an Floppys Geschichte, dem in der Tierklinik Schönfließ (welche eine halbe Autostunde von uns entfernt liegt) so gut geholfen wurde. Dort rief ich abends um neun Uhr an und konnte sofort mit einem Arzt sprechen, der sich sehr viel Zeit nahm. Er war auch der Meinung, dass es sein könnte, dass mein Hund die nächsten 5 Tage nicht überleben würde, wenn die einzige Therapie die Erhöhung der Medikamente wäre. Wir sprachen sehr offen, auch über Erlösung.
Und dann kann die Sonne noch so hell scheinen, an diesem schönen Frühlingstag - alles erscheint so endlich und so traurig und so unsicher..... es kostet mich sehr viel Kraft, stark zu sein für meinen Jamie und daran zu glauben, dass er diesen Schub nochmal überstehen kann und noch ein paar gute Tage, Wochen oder Monate haben darf. Mit den Buchstaben die ich schreibe, kullern die Tränen, aber HALT!!, wenn ich meinen Jamie anschaue, dann merke ich auch, dass noch ganz viel Leben in ihm ist. Also bin ich gestern mittag mit meinem tollen Mann, der mit seiner humorvollen und geerdeten Art in solchen schweren Lebenssituationen ein wahres Geschenk für mich ist, zur Tierklinik gefahren.
Gestern vormittag: Jamie und Joker im Garten.
Jamie schnuppert hier und dort, aber alles sehr, sehr reduziert.
Das Ergebnis unseres Besuches: Niereninfusion "to go" :-) Nachdem sich der Internist der Klinik viel Zeit nahm, hat sich folgendes Bild von Jamies Gesundheitszustand dargestellt: Herz ok, Nierenwerte katastrophal, Ultraschall linke Niere unauffällig, rechte Niere stark verändert mit Steinen. Ich habe gestern wieder sehr viel über den Körper gelernt, wie alles mit allem zusammenhängt, etc. Also, auf jeden Fall geben wir Jamie noch nicht auf. Auch auf den Arzt wirkte er so lebensstark, dass er mal kurz die Diagnose "Leishmaniose" in Frage stellte. Fakt ist, dass die rechte Niere nicht mehr funktioniert. Daher bekommt Jamie nun Infusionen. Gestern saßen wir dann 6 Stunden lang abwechselnd bei ihm, damit er nicht einfach aufsteht und haben immer aufgepasst, dass der Tropf gut läuft. Wie man so eine Infusion selbstständig zu Hause geben kann, wurde uns gezeigt, auch was man bei Komplikationen machen soll und ich kann Jeden nur ermutigen, falls es nötig ist, seinen Hund zu Hause mit einer Infusion zu behandeln. Er ist dort in seiner gewohnten Umgebung und wir kamen mit dem Handling wirklich gut klar.
Jamie am Tropf.
Und so hat mich Jamie heute morgen angesehen. "Und, Frauchen, was machen wir heute?" "Na, Jamie, wir machen das, was du am liebsten tust: Wir fahren Auto, nur du und ich, dann machen wir einen schönen Spaziergang in Schönfließ, oder sollen wir in der Bieselheide die Golden Retriever aufmischen? Und dann gehen wir in die nette Tierklinik zu dem netten Arzt und schauen mal, was die Blutwerte machen und wahrscheinlich gibts dann nochmal lecker Tropf."
Auf jeden Fall scheint die Sonne heute auch wieder für Jamie und mich, denn wir geben nicht auf.
Freitag, 23. März 2012
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10 Kommentare:
Mein Gott, Nina, bei der Geschichte krampft einem das Herzl. Da habt ihr echt wieder eine Odyssee hinter euch und viele viele beunruhigende Momente.
Ich bin sehr froh, die Augen v Jamie heute morgen gesehen zu haben. Denn nach einer guten Nacht und den Infusionen scheint es ihm viel besser zu gehen.
Ich bin mir sicher, dass Jamie noch ne menge toller Augenblicke erleben wird! Ich schick euch ne Portione Kraft, Energie und Durchhaltevermögen!! Euer Gunnar
Oh nein der Arme...... Ich habe 2 Borreliose Whippets hier und im Moment ist es auch ganz schlimm. Ich schicke ein RIESIGES KRAFTPAKET (unbekannterweise) zu euch....
Ganz viel Kraft und damit eine schnelle gute Besserung wünscht Marion für Jamie! (Whippets sind stark und kämpfen)
Liebe Nina,
ich wünsche Euch ganz viel Kraft, Euch beiden...und daß Jamie wieder das Traumwetter genießen kann !
Liebe Grüße
Ulrike
Oje,für das arme Hascherl kommt es aber auch wirklich knüppeldick. Dieser Blick lässt ja Felsen schmelzen. Ich wünsche ihm, dass es nur noch bergauf geht und alles so gut wird, wie es mit seinen Befunden eben möglich ist!!!
Dicke Daumendrückgrüße
Uli
Liebe Nina, mit Schrecken habe ich deinen Bericht gelesen. Wir schicken Jamie alle Kraftpakete, die er braucht. Unser ganzes Mitgefühl ist bei Euch und Jamie!!! Auch wir haben mit Gwen immer wieder schlimme Sequenzen, um so mehr fühlen wir mit Euch!!! Ich wünsche mir schnell bessere Nachrichten von Jamie!!!! Liebe Grüße Helga
Liebe Nina und alerliebster Jamie
Mir sind eben auch die Trenschen gelaufen wider mal.
Beim Lesen.
Ich drücke euch ganz doll die Daumen und Pfohten das alles wider besser würt.
LG Tanja und Macy
Liebe Nina, das ist ja wirklich schrecklich. Mir stehen die Tränen in den Augen.
Jamie ist ein Kämpfer und wird ganz bestimmt diese schlimme Zeit überstehen. Wir haben Frühling, zu dieser Zeit erneuert sich das Leben.
Viel Kraft für Euch. Ich glaube daran das es gut wird.
Liebe Grüße
Gabi
Ganz viel Kraft -
ganz viel Sonne -
und eine große Portion Lebensmut -
verbunden mit sehr lieben Grüßen
an Euch -
von uns.
Hallo Nina, auch von mir (wenn auch spät) ganz viel Lebenskraft und Lebensmut an den kranken Jamie!Ich weiß es aus Erfahrung, Nina, unsere tollen Whippets sind ganz "Hart im Nehmen"! Und das ist auch Jamie, davon bin ich überzeugt. Er schafft das und wird noch eine ganz lange und schöneZeit mit dir, seinem Kumpel Joker und seiner Familie haben.
LG von Conny
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